Stadtrundfahrten per Schiff

Welcher Umsatzsteuersatz greift bei Stadterkundungen mit Schiffen?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
01 Apr. 2018

Bei der Besteuerung von Umsätzen aus einer Stadtrundfahrt mit Schiffen stellt sich die Frage, ob der Regelsteuersatz in Höhe von 19 % oder der ermäßigte Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 % zutreffend ist.

In einem aktuellen Fall hat das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) entschieden, dass bei einer Stadtrundfahrt mit Schiffen, bei der ein Wechsel der Fahrgäste nur an zwei Anlegern zu Beginn und am Ende der Stadtrundfahrt stattfindet, der Regelsteuersatz von 19 %anzuwenden ist. Der Kläger betreibt eine Personenschifffahrt und führte im Streitjahr Stadtrundfahrten, Schiffsfahrten sowie Charterfahrten durch. Die Schiffsfahrten fanden nur bei ausreichender Fahrgastanzahl statt. Die Beförderungsstrecken betrugen für alle Schiffsfahrten weniger als 50 km. Während der etwa einstündigen Stadtrundfahrt erhielten die Fahrgäste unter anderem Informationen zur Geschichte, Kultur und Architektur der Stadt. Eine Fahrkarte kostete für einen Erwachsenen 9 €. Darin waren weder die Teilnahme an Führungen noch Eintritte für Sehenswürdigkeiten enthalten.

Ausgangspunkt der Stadtrundfahrten war ein auf der Uferseite zur Altstadt gelegener Anleger. Weitere Fahrgäste wurden am 500 m entfernten Anleger auf der anderen Uferseite aufgenommen. Am Ende der Stadtrundfahrt konnten die Fahrgäste wählen, an welchem der beiden Anleger sie aussteigen wollten.

Im vorliegenden Fall finden sich sowohl Merkmale für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (begünstigter Linienverkehr) als auch Merkmale für die Anwendung des Regelsteuersatzes (Ausflugsverkehr). Um den zutreffenden Steuersatz zu ermitteln, sind beide Verkehrsarten gegeneinander abzugrenzen. Entscheidend ist, ob das für den begünstigten Linienverkehr prägende Merkmal der Fahrgastfreiheit oder aber das für den Ausflugsverkehr prägende Merkmal des gemeinsamen Ausflugszwecks im Vordergrund steht.

Nach Auffassung des FG stand hier der gemeinsame Ausflugszweck im Vordergrund. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die Streckenführung auf touristische Belange ausgerichtet sei und somit den Fahrgästen einen hohen Erlebniswert biete. Auch der einheitliche Fahrpreis sowie die Tatsache, dass ein Wechsel der Fahrgäste nur zu Beginn und zum Ende der Stadtrundfahrt auf der kurzen Strecke von 500 m zwischen den Anlegern stattfinde (ohne Zwischenhaltestellen), sprächen für einen gemeinsamen Ausflugszweck. Insofern sei der Regelsteuersatz in Höhe von 19 % anzuwenden.

Hinweis: Für die zutreffende Ermittlung des Umsatzsteuersatzes ist daher genau zu prüfen, welche Verkehrsarten vorliegen und welche Merkmale hier prägend sind. Wenn Sie sich unsicher sind, was auf Ihr Unternehmen zutrifft, sprechen Sie uns an.

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