Notfall- statt Routinebesuch

Kassenärztliche Vereinigung muss Zweifel an Dringlichkeit für Honorarrückforderung beweisen können

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
04 Apr. 2023

Das Sozialgericht Hannover (SG) hat in drei Fällen eines Arztes entschieden, dass die Honorarrückforderungen der kassenärztlichen Vereinigung (KV) rechtswidrig sind. Die KV konnte ihre Behauptungen, dass der Arzt zu Unrecht Besuche in Pflegeheimen als sogenannte Notfallbesuche abrechnete, nicht beweisen.

Die KV forderte von einem Landarzt für Besuche in Pflegeheimen Honorare i.H.v. 14.000 € zurück und begründete dies damit, dass der Arzt fast ausschließlich dringende und nahezu keine regulären Besuche abgerechnet habe. Sie behauptete zudem, dass er teilweise Routinebesuche als dringende Besuche abgerechnet habe.

Im Streitfall handelte es sich um einen Arzt, der aufgrund seiner Qualifikation als Palliativmediziner überdurchschnittlich viele hochbetagte, multimorbide und palliative Patienten behandelte. Aufgrund der vielen Patienten in seiner Landarztpraxis hatte er für Routinebesuche in Pflegeheimen keine Zeit. Er konnte diese Patientin nur „auf Anforderung“ in den Pflegeheimen aufsuchen - also erst, wenn der Arztbesuch vom Patienten oder von der Pflegekraft als dringend notwendig eingestuft und angefordert wurde.

Das Gericht gab dem Landarzt Recht. Die KV konnte ihre Behauptungen nicht beweisen. Nach Prüfung der vom Arzt erstellten Dokumentation konnte das SG in keinem der geprüften Fälle mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass es an der Dringlichkeit zum Zeitpunkt der Anforderung gefehlt habe.

Hinweis: Ein Vertragsarzt kann einen regulären Heimbesuch mit einem Zuschlag i.H.v. ca. 20 € und einen dringenden Besuch, der aufgrund der Schilderungen des Patienten oder der Pflegekraft noch am selben Tag erforderlich ist, mit ca. 60 € abrechnen.

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