Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

Umsatzsteuerpflicht für Gutachtertätigkeit ist zweifelhaft

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
13 Dez. 2019

Für den Bereich des Gesundheitswesens hält das deutsche Umsatzsteuergesetz zahlreiche Steuerbefreiungen bereit. So können beispielsweise Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, Krankenhausbehandlungen, Umsätze der gesetzlichen Sozialversicherungsträger, gesetzliche Leistungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) und Leistungen von Betreuungseinrichtungen umsatzsteuerfrei erbracht werden.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem neuen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nun darauf hingewiesen, dass all diese nationalen Umsatzsteuerbefreiungen nicht greifen, wenn eine Krankenschwester Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit im Auftrag des MDK erstellt.

Geklagt hatte eine Krankenschwester, die über eine medizinische Grundausbildung, eine akademische Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft und eine Weiterbildung in Pflege-Qualitätsmanagement verfügte. Für die Umsätze aus ihrer Gutachtertätigkeit hatte das Finanzamt Umsatzsteuer festgesetzt, wogegen die Frau klagte.

Der BFH hat das Verfahren nun ausgesetzt und erklärt, dass sich die Umsatzsteuerbefreiung der Umsätze möglicherweise direkt aus den europarechtlichen Vorgaben ergeben kann. Danach sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen steuerfrei, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind. Da die Leistungsgewährung einer Pflegekasse der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit dient und die Krankenschwester mit ihren Gutachten diese Leistungsgewährung vorbereitet, möchte der BFH mit dem Vorabentscheidungsersuchen zunächst klären lassen, ob die Umsätze aus der Gutachtertätigkeit eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind, auch wenn die Gutachtertätigkeit nicht direkt gegenüber der hilfsbedürftigen Person erbracht wird, sondern an einen potentiellen (Pflege-)Leistungserbringer. Falls diese „soziale Anknüpfung“ gegeben ist, wird der EuGH zu klären haben, wann die (für die Steuerfreiheit ebenfalls erforderliche) unternehmerbezogene Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter gewährt wird.

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