Erbschaftsteuer

Verstoß gegen „Treu und Glauben“ hindert Finanzamt an Bescheidänderung

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
13 Juli 2018

Steuerbescheide dürfen vom Finanzamt aufgehoben oder geändert werden, soweit nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Eine Änderung kann aber unzulässig sein, wenn das Finanzamt damit gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt.

Ein solcher Fall lag dem Bundesfinanzhof (BFH) vor: Verschiedene Miet- und Geschäftsgrundstücke dreier Erben mussten für die Festsetzung der Erbschaftsteuer bewertet werden. Das hierfür zuständige Finanzamt teilte den Erben mit, dass es aus Vereinfachungsgründen auf die Anforderung einer förmlichen Feststellungserklärung verzichte und es genüge, wenn sie formlos bestimmte Angaben zu den Grundstücken machten. Zu einem geerbten Betriebsgrundstück sollten sie lediglich den Steuerbilanzwert mitteilen. Die Erben kamen der Aufforderung nach, so dass das Finanzamt anhand dieser Angaben die relevanten Grundbesitzwerte der Grundstücke feststellte.

Jahre später erkannte das Amt bei einer Außenprüfung, dass das Betriebsgrundstück früher vermietet worden war, so dass statt des Steuerbilanzwertes ein höherer Grundbesitzwert hätte zugrunde gelegt werden müssen. Das Amt änderte den Feststellungsbescheid entsprechend, wogegen die Erben klagten.

Der BFH urteilte nun, dass das Amt den Bescheid wegen der Grundsätze von Treu und Glauben nicht aufgrund neuer Tatsachen hätte ändern dürfen. Diese „Änderungssperre“ trete ein, wenn das Finanzamt gegenüber dem Steuerzahler - wie im Urteilsfall - ausdrücklich auf die Abgabe einer förmlichen Erklärung verzichte und stattdessen nur bestimmte Angaben einfordere. Beantworte der Steuerzahler die gestellten Fragen zutreffend und vollständig, sei eine spätere Bescheidänderung auch ausgeschlossen, wenn das Amt zuvor die falschen Fragen gestellt habe.

Hinweis: Mit dem Urteil schränkt der BFH die Möglichkeit von steuererhöhenden Bescheidänderungen bei nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen ein. Um sich auf eine „Änderungssperre“ infolge von Treu und Glauben berufen zu können, ist es aber von zentraler Bedeutung, dass der Steuerzahler seinen Mitwirkungspflichten zuvor vollständig nachgekommen ist.

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