Einkommensteuer

Rollstuhlgerechter Gartenweg als außergewöhnliche Belastung?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
09 Juli 2020

Wenn man im Rollstuhl sitzt und deshalb gezwungen ist, sein Haus behindertengerecht umzubauen, können die dadurch entstehenden Kosten teilweise steuermindernd berücksichtigt werden. Voraussetzung ist allerdings die Zwangsläufigkeit der Umbaumaßnahmen. Das Finanzgericht Münster (FG) musste in einem solchen Fall entscheiden.

Die Kläger wohnen in ihrem eigenen Einfamilienhaus mit Garten. Die Klägerin leidet an einem Post-Polio-Syndrom, wodurch ihr Grad der Behinderung 70 mit den Merkzeichen G und aG beträgt. Auf der Rückseite des Hauses befindet sich eine Terrasse, die vom Haus aus mit einem Rollstuhl erreicht werden kann. Auf der Vorderseite des Hauses befanden sich ursprünglich Beete, welche über einen schmalen Fußweg zu erreichen waren. Im Jahr 2016 ließen die Kläger diesen Fußweg in eine gepflasterte Fläche ausbauen. Die Kosten für den behindertengerechten Umbau wollten sie als außergewöhnliche Belastung in der Einkommensteuererklärung 2016 geltend machen. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab, da es in dem Umbau keine Zwangsläufigkeit sah.

Auch die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Ziel ist hier, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen. Eine schwerwiegende Behinderung begründet grundsätzlich eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds notwendig macht und deren Kosten damit als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Nicht abzugsfähig sind aber Aufwendungen, die über die Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein hinausgehen. Abzugsfähig wären daher Aufwendungen, die einen behindertengerechten Zugang zum Garten ermöglichen würden. Im Streitfall befand sich aber auf der Rückseite des Hauses bereits eine Terrasse, die mit dem Rollstuhl erreichbar war. Die Verbreiterung des Weges auf der Hausvorderseite erfolgte ausschließlich zu dem Zweck, der Klägerin den Anbau von Pflanzen auf Hochbeeten und damit eine Freizeitaktivität zu ermöglichen. Eine Berücksichtigung der Gesamtkosten als außergewöhnliche Belastungen war somit nicht möglich. Allerdings können die in den Kosten enthaltenen Lohnkosten steuermindernd berücksichtigt werden.

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