BGH bestätigt Vorinstanz

MVZ-Gründung durch Apotheker mithilfe eines „Strohmanns“ ist Betrug

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
27 Okt. 2020

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung eines Apothekers und zweier Ärzte aus Hamburg wegen Abrechnungsbetrugs weitgehend bestätigt. Das Landgericht Hamburg (LG) hatte es demnach zu Recht als Betrug gewertet, dass sich der Apotheker mithilfe eines Strohmannes an einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) beteiligen und somit Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Ärzte nehmen wollte.

 

Im Streitfall kaufte der Apotheker nach den Feststellungen des Landgerichtes ein MVZ, um Einfluss auf die dort tätigen Ärzte beim Verschreiben von Medikamenten nehmen zu können. Der Apotheker habe sich neue Absatzquellen für von ihm hergestellte hochpreisige Medikamente versprochen. Nach den sozialrechtlichen Bestimmungen ist die Beteiligung eines Apothekers an einem MVZ seit 2012 jedoch gesetzlich verboten. Um das MVZ dennoch kaufen zu können, habe sich der Apotheker des mitangeklagten Strohmannes - einem Arzt - bedient, der die Mehrheitsanteile an der Einrichtung erworben habe.

 

Weil aufgrund der Beteiligung des Apothekers die kassenärztliche Zulassung des MVZ nicht mehr vorlag, wurden zu Unrecht knapp 1,5 Mio. € an das MVZ gezahlt. Die Techniker Krankenkasse zahlte an den Apotheker zudem rund 150.000 € für fehlerhafte Verordnungen. Das LG hatte den Apotheker wegen Abrechnungsbetruges zu  dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die beteiligten Ärzte bekamen Bewährungsstrafen von zehn sowie sechs Monaten.

 

Der BGH urteilte, dass das LG die Strohmann-Konstruktion zu Recht als Betrug gewertet habe. Über die Höhe der Schuldsprüche müsse das LG aber aufgrund von Rechtsfehlern neu entscheiden. Auch die vom LG angeordnete Einziehung von rund 1,5 Mio. € (Erträge aus den Betrugstaten) müsse dabei neu berechnet werden.

 

BGH, Urt. v. 19.08.2020 – 5 StR 558/19

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