In der Regel erbitten Patienten selbst Einsicht in ihre Behandlungsunterlagen. Dieser Fall ist rechtlich geregelt. In Einzelfällen verlangen aber auch die gesetzlichen Krankenversicherungen die Herausgabe von Patientenunterlagen von den Ärzten bzw. behandelnden Kliniken - insbesondere, wenn sie einen Behandlungsfehler vermuten. Für diese Einsicht der Krankenversicherung fehlt allerdings bisher eine gesetzliche Regelung.
Das Landgericht Kassel (LG) hat nun ein Einsichtsrecht auch der Krankenkasse bejaht. Denn dem Gesetz könne nicht entnommen werden, dass das Einsichtsrecht abschließend geregelt und die Rechtsstellung anderer möglicher Verfahrensbeteiligter - insbesondere der beteiligten Krankenkassen - im Vergleich zur früheren Rechtslage eingeschränkt werden sollten. Gehe es der Versicherung um die Verfolgung von Ersatzansprüchen wegen Behandlungsfehlern, entspreche die Offenlegung regelmäßig dem mutmaßlichen Willen des Patienten.
Das Einsichtsrecht der Krankenversicherung leitete das LG aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Einsichtsrecht einer Krankenversicherung in Unterlagen eines Pflegeheimes ab. Bei realen Zweifeln, dass die Einsichtnahme dem Willen eines verstorbenen Patienten entsprochen hätte, kann die Klinik die Einsichtnahme zwar verweigern, muss aber im Einzelnen gegenüber der Krankenkasse darlegen, warum der Patient diese Einsicht mutmaßlich nicht gewollt habe. Dies hat die Klinik im vorliegenden Fall nicht getan, sondern sich vielmehr darauf beschränkt, das Fehlen der Schweigepflichtsentbindung zu monieren.
Der behandelnde Arzt muss dem Einsichtsbegehren - sei es nun das eines Patienten oder das eines Dritten - allerdings nur entsprechen, wenn dies entweder Zug um Zug gegen Kostenerstattung erfolgt oder wenn sich der Einsichtbegehrende vorab bereit erklärt, die Kosten der Einsichtnahme (also Kopier- und Versandkosten) zu begleichen, erforderlichenfalls auch vorschussweise.
Hinweis: Verweigert der behandelnde Arzt das Einsichtsbegehren grundlos, riskiert er, verklagt und dann verpflichtet zu werden, umfangreiche Anwalts- und Gerichtskosten bezahlen zu müssen.