Auffällige Fallzahlen

Unwirtschaftliche zahnärztliche Behandlungsweise zieht Kürzung nach sich

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
09 Juli 2019

Ob eine Zahnarztpraxis nach einer Prüfung auf Unwirtschaftlichkeit eine Honorarkürzung auf Basis von Durchschnittswerten ihrer Fachgruppe akzeptieren muss, hatte das Sozialgericht Kiel (SG) zu bewerten.

 

Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vertragszahnärztlicher Leistungen war für das Quartal I/2011 strittig. Drei Zahnärzte waren zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, der durchschnittliche Fallwert ihrer Praxis überschritt im Quartal I/2011 den Fachgruppendurchschnitt um 54,38 %. Es erfolgte eine Kürzung auf + 30 %, denn die Durchsicht der Erfassungsscheine und der repräsentativ angeforderten Behandlungsunterlagen offenbarte Einsparpotentiale. So seien individualtherapeutische Maßnahmen beispielsweise den Patienten privat und nicht den gesetzlichen Krankenkassen anzulasten. Nach Ansicht der Zahnärzte ist für die Grenzziehung bei + 30 % keine Begründung angegeben worden. Ferner seien keine Behandlungsunterlagen angefordert worden. Ihr Widerspruch wurde abgewiesen.

 

Das SG wies die Klage ebenso ab und bestätigte die vom Bundessozialgericht vertretene Rechtsauffassung, dass die Gruppe der Vertragszahnärzte eine homogene Vergleichsgruppe sei. Es bestehe nahezu kein Raum für ein besonderes Abrechnungsverhalten aufgrund von Zusatzqualifikationen. Die Fallzahlen der Kläger seien extrem hoch und nicht durch Praxisbesonderheiten zu erklären, was die Herabsetzung des Grenzwerts rechtfertige. Die unwirtschaftliche Behandlungsweise sei über einen längeren Zeitraum beobachtet worden. Bei Zahnärzten darf für Fälle der statistischen Vergleichsprüfung daher ein Wert von + 30 % über den Durchschnittswerten der Fachgruppe angesetzt werden.

 

Hinweis: Praxisbesonderheiten müssen grundsätzlich berücksichtigt werden. Anzuerkennende Besonderheiten sind zum Beispiel aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht entsprechend anzutreffen sind. Diese konnten im Urteilsfall nicht festgestellt werden. Die intellektuelle Begleitprüfung mittels Einsicht in die Behandlungsunterlagen hatten demnach nicht zu medizinisch-fachlichen Gesichtspunkten geführt, die die Annahme der Unwirtschaftlichkeit hätten entkräften können.

SG Kiel, Urt. v. 20.06.2018 – S 13 KA 253/16

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